Hotelier des Jahres

Mai 2021
Hans R. Amrein (Publizist, Dozent EHL, Chefredaktor HOTELIER, Hoteltester und Jury-Mitglied)

«Hotelier des Jahres»: Wie alles begann…

«Hotelier». So heisst die Schweizer Fachzeitschrift für Hotellerie und Gastronomie, die seit fast 30 Jahren erscheint und heute das führende Fachmedium in der Schweiz ist. Neben dem «Hotelier» erscheint die Hotel Revue (HTR), das älteste Publikationsorgan und Verbandszeitung von HotellerieSuisse. Alle andern Fachtitel haben den Schwerpunkt in der Gastronomie (Gastrojournal, Salz & Pfeffer usw.).

Was ist das Besondere am «Hotelier»? Ich will da nicht lang auf die Werbepauke schlagen, aber der grosse Unterschied zu den erwähnten Publikationen ist die Tatsache, dass der «Hotelier» Hintergründe, Analysen, Kommentare, Kolumnen und Fachbeiträge von renommierten und prominenten Hotel- und Tourismusexperten publiziert. Daneben gibt es auch ein wenig Klatsch (People) und (vor allem) grosse Interviews mit erfolgreichen und spannenden Hoteliers. Hoteliers und Hotelmanager, die etwas bewegen in der Branche.

Es war im Jahr 2014, da hatte ich die Idee, diesen Hoteliers und Hotelmanagern mehr zu bieten als eine schön aufgemachte Story im Magazin. Ja, warum nicht ein Event, eine «Hotelier-Party» nach deutschem Vorbild? In Deutschland wählt die AHGZ, das führende Fachorgan für Hotellerie, seit über 30 Jahren den «Hotelier des Jahres». Warum also nicht ein «Hotelier des Jahres» in der Schweiz? Ein Fachaward, der die wirtschaftlichen Leistungen, die Innovationen und Erfolge der Besten der Branche in den Mittelpunkt stellt?

Wenige Tage später traf ich Fiorenzo Fässler, Inhaber der Marketingagentur smarket AG in Zürich, früher Mitglied der Jury, die den Tourismuspreis Milestone vergibt, ein erfahrener Tourismusprofi. Er war sofort begeistert von der Idee, so einen Award in der Schweiz zu vergeben. Interessanterweise hatte auch er schon einmal die Idee, einen solchen Preis für Hoteliers zu lancieren.

Nach ersten und wenig erfolgreichen Gesprächen mit dem damaligen «Hotelier»-Verleger stand fest: «Hotelier des Jahres» soll als unabhängige Fachveranstaltung lanciert und ins Leben gerufen werden. Mit Sponsoren und einer renommierten Trägerschaft, bestehend aus HotellerieSuisse und der weltbesten Hotelfachschule, der EHL.

Die Premiere fand im November 2015 im Rahmen der Fachmesse IGEHO im Volkshaus Basel statt. Moderiert wurde die Gala von Sandra Studer, TV-Moderatorin beim Schweizer Fernsehen. Gewählt wurde Raphael Wyniger, Hotelier und Inhaber des Basler Kultur- und Gasthauses «Der Teufelhof» – ein 3-Sterne-Hotelier, der eine einzigartige Erfolgsgeschichte geschrieben hat – und immer noch schreibt – trotz Corona-Krise…

Die Premiere in Basel war ein voller Erfolg! Auch in gesellschaftlicher Hinsicht. Und auch dank der Unterstützung von HotellerieSuisse, bzw. dem damaligen SHIF (Hotel-Investment-Forum). Mehr als 200 Hoteliers waren dabei und vergnügten sich bei edlem Champagner und Häppchen, der Small Talk war spannend und auf hohem Niveau, die anwesenden Hoteliers, aber auch die Sponsoren und Partner lobten den Anlass in den höchsten Tönen. Die Schweizer Hotellerie hatte nun auch einen Fachaward – nicht nur die Deutschen und die Amerikaner. Einer Fortsetzung des Events stand nichts im Wege…

Was aber zeichnet den Schweizer Fachaward «Hotelier des Jahres» besonders aus? Warum kommt der Event in der Branche so gut an? Warum wollen alle dabei sein, wenn der Organisator zur grossen Gala in Zürich ruft (2018 und 2019 fand der Event im Bernhard Theater Zürich statt)?

Kurz gesagt: Ein Fachaward lebt vom Wahlverfahren. Und von der Kompetenz und vom Know-how der Jury. Im Gegensatz zu anderen Awards werden der «Hotelier des Jahres» und der Gewinner des «Special Awards» von einer hochkarätigen Fachjury ermittelt und gewählt. Die nominierten Kandidatinnen und Kandidaten (in der Regel sind das 30 bis 40 Hoteliers) werden «auf Herz und Nieren» geprüft und durchleuchtet. Es reicht nicht, wenn einer zwar ein tolles Hotel führt, aber damit rote Zahlen schreibt. Die Jury schaut genau hin und will wissen, wie der Kandidat arbeitet, wie er sein Team führt, über welche Kompetenzen und Leistungen er verfügt, ober er seinen «Laden» im Griff hat. Es geht um Innovationen und Investitionen, es geht um soziale Kompetenz und Persönlichkeit – und es geht um wirtschaftliche bzw. finanzielle Facts. Motto: Verdient der Hotelier Geld mit seinem Haus? Oder ist er mehr oder weniger bloss Repräsentant eines Hauses, das ohne Quersubventionierung gar nicht überleben könnte?

Alle bisherigen «Hotelier des Jahres» (darunter auch eine Frau, nämlich Yvette Thüring) haben die Wahlkriterien der Jury mehr als erfüllt. Sie gelten als Vorbilder und «Aushängeschilder» der Schweizer Hospitality-Branche. Sie verfügen über einen Leistungsausweis, der sich auch international sehen lassen darf. Sie sind innovativ, kreativ, sie haben Charisma, Stil – sie sind Persönlichkeiten, Leader und Unternehmer – mit Herzblut und grosser Leidenschaft. Denken wir an Fritz Erni, bis vor einem Jahr Direktor und Gastgeber im Art Deco Hotel Montana in Luzern – ein unglaublich kreativer und leidenschaftlicher Hotelier. Er hat das «Montana» in über 20 Jahren zu einem der besten Stadthotels der Schweiz gemacht. Oder Felix Suhner, ein Vollblut-Unternehmer, bescheiden, sympathisch, aber zielorientiert und professionell. Seine Balance-Hotels sind «Rosinen» – doch sie sind nicht nur schön und trendig, sie erzielen auch satte Renditen. Oder Yvette Thüring, die gebürtige Baslerin, die in rund 50 Jahren (!) Hotels auf der ganzen Welt saniert und zum Erfolg geführt hat – eine Power-Frau!  Oder Kurt Baumgartner aus Scuol im Unterengadin. Man bezeichnet ihn auch als «Hotelpionier des Unterengadins». Er hat mit seinen drei Ferienhäusern Massstäbe gesetzt. Er war der erste Hotelier im Land, der aktiv Kooperationen eingegangen war. Baumgartner war den andern immer eine Nasenlänge voraus…

Ja, und da gibt es noch den «Special Award», der 2019 erstmals vergeben wurde. Der Sieger hiess Chris Rosser. Der Berner Oberländer verkörpert die New Generation. Rosser gilt in der Branche als Talent, vor allem, wenn es um digitale Projekte und Ideen geht (Beispiel «Digitale Dorfstrasse von Adelboden»). 

Die Corona-Krise hat die Hotellerie und den Tourismus in eine handfeste Krise gestürzt, wobei man stark differenzieren sollte. Kurz gesagt: Die Stadthotels liegen am Boden, die Ferienhotels verzeichnen seit Monaten Rekordzahlen. Grund: Die Schweizerinnen und Schweizer verbringen – aus bekannten Gründen – Ferien und Kurzurlaube im eigenen Land. Das führte in den letzten Monaten zu einem eigentlichen Hotel-Boom in den Bergen, an den Seen und im Tessin. 

Gerade in Krisenzeiten sind Awards wie «Hotelier des Jahres» besonders wichtig. Denn die Vorbilder oder «Bilderbuch-Hoteliers» zeigen der Branche, wie man mit Krisen, Tiefschlägen oder Misserfolgen umgehen kann. Krisen sind, so komisch dies auch tönen mag, eben auch Chancen. Vor wenigen Tagen habe ich mit Fritz Erni über eine Stunde telefoniert. Wir sprachen auch über die aktuelle Krise und die Zeit danach. Fazit: Erni blüht schon wieder auf, entwickelt laufend neue Ideen und Konzepte – nicht mehr für «sein» Montana-Hotel in Luzern, sondern als Verwaltungsratspräsident der Hotel Schweizerhof AG Zürich und als Verwaltungsrat des Parkhotels Margna in Sils, das derzeit für über 20 Millionen umgebaut wird. 

Oder Raphael Wyniger in Basel. Er kauft mitten in der Krise eine traditionsreiche Konditorei in Basel und schafft dadurch neue Synergien zu seinen Hotels und Restaurants. Und Kurt Baumgartner realisiert nächstens in Pontresina ein trendiges New Generation Hotel, so etwas wie ein 25hours Hotel in den Bergen. Krise, Stillstand, Stagnation, Frustration? Vergessen Sie solche Begriffe sofort, wenn Sie mit einem «Hotelier des Jahres» sprechen! Krise? «Jetzt erst recht», lautet das Credo von Wyniger, Suhner, Erni, Baumgartner, Thüring & Co.

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